CCA Centro Cultural Ayopayamanta, Bolivien

 

 

Es begann alles mit einem Konzert…

 

Im Sommer 2018 erhielten wir – über einen Kontakt aus Graz - die Anfrage einer bolivianischen Musikgruppe, die sich in diesem Jahr auf Tournee durch Frankreich, Deutschland und Österreich befand, ob es möglich sei, bei uns in der Pfarrkirche eine konzertante Version der Misa criolla mit Chor und Musikgruppe aufzuführen. Dank einer großen Anzahl heimischer Sängerinnen und Sänger, die von Chorleiter Johannes Niederbrucker professionell vorbereitet wurden, konnte tatsächlich am 16.11. dieses Jahres in der Thalgauer Pfarrkirche die Misa criolla von Ariel Ramirez, mit typischen lateinamerikanischen Rhythmen und musikalischen Formen, aufgeführt werden.

 

Die Musikgruppe mit dem Namen Sacambaya unterstützte mit ihren Konzerten ein kleines, aber feines Kulturzentrum in Villa de Independencia (Dept. Cochabamba, Bolivien), das in vielen Bereichen Aktivitäten im Sinne einer Regionalentwicklung umsetzt. Einer dieser Bereiche ist die Versorgung der Häuser und Hütten der ländlichen Bevölkerung in entfernt gelegenen dörflichen Gemeinschaften des Municipios mit Elektrizität durch Solarenergie. Auch die Einnahmen aus dem Konzert in Thalgau in Höhe von € 3.000,- flossen in dieses Vorhaben.

 

Birgit Almhofer, Obfrau der EWG, besuchte im Rahmen ihrer Bildungskarenz im Sommer 2022 Villa de Independencia und das Centro Cultural Ayopayamanta CCA und lernte nicht nur die Verantwortlichen des Kulturzentrums, sondern v.a. auch deren Aktivitäten und Programme kennen, die sich seit nunmehr 37 Jahren seit seiner Gründung positiv auf Independencia und die Region auswirken.

 

Bemerkenswert ist die Ausrichtung, die sich durch alle Aspekte der Tätigkeiten des CCA wie ein roter Faden zieht, nämlich: den Frauen, Männern, Kindern und Jugendlichen durch entwicklungsfördernde nachhaltige Projekte Zukunftsperspektiven in ihrer Region zu eröffnen. Damit sie in ihrer Heimat bleiben, von einer würdigen Arbeit gut leben und dieses erworbene Gute wieder an die Gemeinschaft zurückgeben können.

 

Frauen gründen z.B. eine Näherei und Strickmanufaktur, erwirtschaften damit ein Einkommen und beliefern die Schulen des Ortes mit Schuluniformen, die für alle leistbar sind; Obstbauern erhalten – über eine Kooperation mit dem Land Steiermark – Apfelsorten für ihre Obstplantagen und eine mobile Obstpresse, mit der sie die Region mit heimischem Apfelsaft versorgen. Jugendliche – Burschen und Mädchen - erhalten von Ingenieros sin fronteras Schulungen im Bereich der Elektrotechnik und Photovoltaik und werden so befähigt, an den Wochenenden aufs Land hinauszufahren, um dort, wo es keinen elektrischen Strom gibt, solare Haussysteme (= Panele, Batterien, Anschlüsse) zu installieren. Gerade auf der Bildung und Heranbildung von jungen Mädchen und Burschen zu sog. Líderes, „Führer:innen“, liegt ein großes Augenmerk. Jugendliche betreiben und betreuen die Bibliothek des Kulturzentrums, die den Schülerinnen und Schülern des Ortes offen steht und sie leisten an mehreren Nachmittagen pro Woche Nachhilfe für die Jüngeren. Jugendliche sind es auch, die ihren Ideen, Wünschen und Visionen durch den Radiosender des Kulturzentums La Voz de los Andes eine Stimme geben, in der ihnen eigenen Sprache Quetchua. Eine weitere Initiative des CCA ist der Naturgarten, der ökologischen Prinzipien folgt und auf der gegenüberliegenden Talseite liegt. Den Menschen des Ortes dient er nicht nur als Erholungsgebiet, sondern auch als Lehrgarten in Umwelterziehung: für die Bedeutung des Schutzes unserer Lebensgrundlagen wie Wasser, Boden oder Wald. Es wachsen dort heimische Nutzpflanzen und Heilkräuter, darunter auch alte Kulturpflanzen, die bereits in Vergessenheit geraten sind. Sie werden mit dem Wasser aus Fluss im Tal bewässert, das man mithilfe von Solarstrom heraufpumpt.

 

All dies wäre ohne Unterstützung von befreundeten Organisationen, NGOs, Familien oder auch Einzelpersonen aus dem Ausland (v.a. Deutschland, Österreich) nicht möglich. Die lokale Politik versagt hier leider, und dies umso mehr, je weiter ein Dorf von einer größeren Hauptstadt entfernt ist. Umso beachtlicher sind alle diese Aktivitäten, die durch das Kulturzentrum umgesetzt werden und nicht nur den „eigenen Mitgliedern“, sondern dem ganzen Ort zugute kommen. Einen wesentlichen Anteil daran hat der Gründer und Direktor des CCA, Ing. Jorge Aquino (alias „Coco“), dessen Herz für die Bewohner, campesinos, Frauen, Männer und v.a. Jugendlichen des bolivianischen Andenortes Independencia schlägt. Mit Severino Maldonado steht ihm ein Co-Direktor und designierter Nachfolger zur Seite, der selbst einer der „Begünstigten“ der Arbeit des CCA in den letzten 37 Jahren war und dies nun weitergibt.

 

Im Jahr 2022 erhielt das Kulturzentrum über seine Kontakte zu deutschen Förderkreisen eine sagenhafte „Spende“ von 658 Photovoltaikpanelen, die ein Landwirt aus Deutschland aufgrund einer Gesetzesänderung, die den Betrieb der Anlage unrentabel machte, nicht mehr benötigte. Mit immensem logistischem Aufwand und weiterer Spendenfreudigkeit von Freunden aus dem Ausland erreichten diese Panele im vergangenen Jahr Independencia und konnte auch das zur Installation benötigte Equipment für die „Beleuchtung“ von 250-300 Familienhäuschen angeschafft werden.

 

Die Eine Welt Gruppe Thalgau hat heuer ebenfalls einen Betrag von € 2.250,- hierfür zur Verfügung gestellt und plant, diese Unterstützung mittelfristig in dieser Höhe beizubehalten.

 

 

PS:

Der Verein INTERSOL, mit dem die Eine Welt Gruppe freundschaftlich verbunden ist, entsendet seit 2023 Freiwillige Sozialdiener:innen (z.B. auch als Ersatz für einen Zivildienst in Österreich) nach Independencia, nachdem das CCA vom Sozialministerium als Einsatzstelle akkreditiert wurde. Bei Interesse an einem Auslandseinsatz ab 2024 (für alle ab 18 aufwärts möglich, Einsatzdauer mind. 6, max. 12 Monate) können Anfragen an INTERSOL () gerichtet werden.

 

 

VAMOS CAMINANDO Nr. 67
vamos-caminando-67-2023
Eine Welt Gruppe Thalgau